Iran: Reza Pahlavi und der „Legitimitätsdiebstahl“ von Kyros dem Großen!
Vom Kyros-Zylinder bis zur SAVAK: ein Vergleich, der die historische Realität entlarvt
von Dirk Holzhütter
Die persische Geschichte hat in ihrer Vergangenheit nicht nur Tyrannen und brutale Diktatoren ausgespuckt. Es gab auch Könige, welche anders handelten, als ihre Macht gnadenlos auszunutzen, das Volk auszupressen und alle anderen Völker und Volksgruppen mit Gewalt zu unterjochen. Ein solcher Herrscher war Kyros II., der zwischen 559 bis 530 v. Chr. als sechster König der Achämeniden-Dynastie regierte. [1]
Kyros II., auch als Kyros der Große bekannt, wird heute im Iran als ein wichtiges Symbolbild verehrt. Woran liegt das?
Kyros war dafür bekannt, seine Regentschaft auf den Prinzipien von Menschlichkeit, Respekt anderer Glaubensrichtungen und sogar schriftlich dargelegten Menschenrechten aufzubauen. Er befreite unter anderem 538 v. Chr. Zehntausende Anhänger des jüdischen Glaubens,
die Nebukadnezar bei wiederholten Raubzügen auf Jerusalem gefangen genommen, versklavt und in die Kerker von Babylon geworfen hatte.
Seine berühmte Erklärung der Menschenrechte, die er auf einem Zylinder aus Ton geschrieben hatte, kann noch heute im British Museum bewundert werden. [2] Bis heute wird Kyros II. im Iran für die herausragende Stellung dieses Königs in einer dunklen persischen Epoche der Sklaverei und Unterdrückung am Todestag am 29. Oktober geehrt und im Iran selbst verssuchen jedes Jahr Menschen zu seinem Grabstein zu pilgern,vor allem diejenigen, die ein Zeichen für Freiheit und Menschenrechte im Iran setzen wollen. [3]
Natürlich ist dem heutigen Mullahregime ein Tag, an dem einem solchen Herrscher gewürdigt wird, ein Dorn im Auge und seit vielen Jahren gibt es im Iran Zusammenstöße zwischen Bürgern, die zum Grab in Pasargadae in der Provinz Fars pilgern und Sicherheitskräften im Iran[1], welche eine möglich Entstehung von Anti-Regime Demonstrationen verhindern wollen. 2022, als die landesweiten Proteste im Iran zu dem Zeitpunkt des Kyros – Tages wüteten, stand der Schrein erneut im Mittelpunkt des Interesses und es gab zahlreiche Aufrufe, ihn zu ehren.
Während das iranische Regime den Tag von Kyros dem Großen verabscheut und als Sicherheitsrisiko sieht, versuchen andere Nachkommen von Herrschern im Exil, diesen Tag für sich zu nutzen, allen voran Reza Pahlavi, der Sohn des letzten Schah von Persien, der heute in den USA im Exil lebt und versucht, sich als Alternative zum Mullahregime darzustellen.
So veröffentlichte Pahlavi gestern auf X eine Rede im Rahmen einer Gedenkveranstaltung vom Todestag von Kyros dem Großen, in dem er mit Pathos seine Errungenschaften würdigte. Doch Pahlavi geht einen Schritt weiter, sieht sich als Nachfolger von Kyros, eine Art der Wiederauferstehung des „guten Königs“, der mit Menschenrechten und Einheit, der Achtung anderer Religionsgemeinschaften usw. den Iran erneut im Rahmen einer konstitutionellen Monarchie in die Freiheit führt. So sieht er unter anderem seine Grabstädte als einer Art nationales Heiligtum für die Monarchie im Iran und sein Vater hat 1971 auch das letzte Mal dieses Grabmal renovieren lassen.
Doch hinter all dem Pathos und all der mystischen Verbindung, die Pahlavi zu dem außergewöhnlichen Herrscher der iranischen Geschichte zieht, bleibt die blanke Praxis, welche die Herrscher seiner Familie im Iran verübt haben und diese war alles andere als der eines Kyros dem Großen würdig.
Neben dem brutalen Geheimdienst SAVAK, der unzählige Iraner folterte und hinrichten ließ, verbot sein Vater 1975 alle anderen Parteien, außer seiner eigenen. Sein Großvater wurde für seine Liebe zu Adolf Hitler von Großbritannien abgesetzt. Diese und viele weitere unterdrückende Maßnahmen führten dazu, dass die Schah-Dynastie 1979 vom iranischen Volk beendet wurde.
Dass Reza Pahlavi auch heute noch in der Öffentlichkeit steht und sich wieder als Alternative präsentieren kann, hat wenig damit zu tun, dass er sich wie ein neuer Kyros der Große präsentiert. Das Problem mit dem Iran ist vielmehr, dass das derzeitige Mullahregime noch repressiver, noch gewalttätiger und noch Frauenverachtender ist, als die Diktatur unter der Herrschaft der Pahlavis. Hinzu kommt, dass der Westen nach 47 Jahren das Spielbuch von Sturz des iranischen Regimes mit Militäraktionen und Sanktionen bis hin zu absurder Beschwichtigung des Regimes mit erhoffter Verhaltensänderung des Mullahregimes ausgereizt hat und nun verzweifelt nach jeder Art von Opposition Ausschau hält.
Reza Pahlavi springt in eine Lücke der Verzweiflung des Westens und auch im iranischen Volk, welches nach fünf großen Aufständen seit 2017 und dem 12-Tage Krieg nach einem Ende der religiösen Diktatur schreit. Doch die meisten im iranischen Volk verstehen weiterhin, dass die Rückkehr der Pahlavi-Diktatur mit seinem selbsternannten Kronprinzen immer noch die gleiche Denkweise beinhaltet. Reza Pahlavi hat sich bis heute nicht von der Diktatur seines Vaters distanziert, wirbt auf X weiter für eine Fahnenflucht von Revolutionsgardisten hin zu ihm und hat weiterhin die gleiche Denkweise einer mystischen Lichtgestalt, welche dazu geboren wurde, das Volk zu führen.
Reza Pahlavi ist nicht der Nachfolger von Kyros der Große und er wird es niemals sein.
[1] https://www.ncr-iran.org/en/news/iran-protests/iranians-defy-regime-to-celebrate-cyrus-the-great/
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Kyros_II.
[1] https://www.ncr-iran.org/en/news/iran-celebrating-october-29-cyrus-the-great-day/
[1] https://www.derstandard.at/story/2000046711279/iraner-demonstrieren-am-grabmal-von-koenig-kyros-ii
[1] https://www.ncr-iran.org/en/news/iran-protests/iranians-defy-regime-to-celebrate-cyrus-the-great/
