Zukunft statt Rückfall: Für einen demokratischen Wandel im Iran – vom Volk, mit dem Volk, für das Volk!
Infolge der Revolution von 1979, die in der formellen Abschaffung der Pahlavi-Monarchie und der Gründung der Islamischen Republik Iran mündete, erlosch die rechtliche und politische Legitimation der Monarchie in vollem Umfang.
Die nach der Revolution von 1979 geschaffene Staatsordnung der Islamischen Republik Iran sollte auf dem Prinzip der Volkssouveränität basieren. Die Revolution schaffte dynastische Thronfolge ausdrücklich ab. Die neue Verfassung, die durch ein Referendum bestätigt wurde, markierte nicht nur einen vollständigen Bruch mit der monarchischen Vergangenheit, sondern etablierte auch eine Rechtsordnung, in der monarchische Herrschaftsformen keine rechtliche Grundlage mehr besitzen. Vor diesem Hintergrund entbehrt jede Forderung nach einer Restauration der Monarchie- auch durch im Exil agierende Angehörige des früheren Königshauses- jeglicher verfassungsrechtlicher und politischer Legitimität. Derartige Bestrebungen ignorieren nicht nur die historische Entscheidung des iranischen Volkes, sondern stehen auch im Widerspruch zu den Prinzipien demokratischer Selbstbestimmung und moderner Staatsführung.
Trotz des verfassungsrechtlich vollzogenen Systemwechsels blieb Reza Pahlavi, Sohn des letzten Monarchen, über Jahrzehnte hinweg eine widersprüchlich rezipierte Figur im politisch-medialen Diskurs über Iran- ohne institutionelle Legitimität, jedoch mit begrenzter symbolischer Wirkung im Ausland.
In den 1990er Jahren trat Reza Pahlavi zunehmend als selbsternannter Erbe der Pahlavi-Dynastie in Erscheinung und berief sich dabei regelmäßig auf die Verfassung der konstitutionellen Monarchie von 1906. Innerhalb der monarchistisch orientierten Exilöffentlichkeit positionierte er sich als „rechtmäßiger König“ und nutzte insbesondere Interviews mit gleichgesinnten Medien sowie symbolisch aufgeladene Neujahrsbotschaften, um sich direkt an das „iranische Volk“ zu wenden. Seine Rhetorik war in dieser Phase stark geprägt von Begriffen wie „Wiederherstellung“ und „Rettung Irans“, was auf ein dezidiert restauratives Politikverständnis schließen lässt, das im Widerspruch zur postrevolutionären Rechtsordnung der Islamischen Republik steht.
Mit der Veröffentlichung seines Buches Zeit der Entscheidung Anfang der 2000er Jahre sowie durch öffentliche Auftritte bekräftigte Reza Pahlavi erneut sein Ziel, eine monarchische Ordnung im Iran wiederherzustellen. Dennoch blieb er politisch isoliert – ohne erkennbare Verankerung innerhalb der inneriranischen Opposition und ohne substanzielle Anerkennung durch internationale Entscheidungsträger.
Einen markanten Wandel vollzog seine Rhetorik erst infolge der Proteste nach der Präsidentschaftswahl 2009, der sogenannten Grünen Bewegung. Von diesem Zeitpunkt an distanzierte er sich formal von monarchistischen Machtambitionen und erklärte, nicht nach politischer Herrschaft zu streben, sondern lediglich als ‚Stimme des Volkes‘ zu agieren. Gleichwohl ließ er die Option einer künftigen politischen Rolle offen, für den Fall, dass das iranische Volk ihn ausdrücklich dazu berufen sollte- ein rhetorischer Balanceakt zwischen symbolischem Führungsanspruch und taktischer Zurückhaltung.
Im Rahmen der Protestbewegungen der Jahre 2017/18 und insbesondere während der Revolte von 2022, die unter dem Slogan ‚Frau, Leben, Freiheit‘ geführt wurde, tauchten in Teilen der Demonstrationen erstmals monarchistische Parolen wie ‚Ruhe in Frieden, Schah Reza‘ auf. Auffällig war, dass die Sicherheitsorgane auf diese monarchistischen Äußerungen weniger repressiv reagierten als auf andere oppositionelle Parolen. Diese selektive Zurückhaltung deutet auf ein mögliches strategisches Kalkül der Machthaber hin, wonach nostalgische Bezüge zur Monarchie als kontrollierbare Ersatzstruktur innerhalb des autoritären Systems instrumentalisiert werden könnten.
Zeitgleich versammelten sich vermehrt ehemalige Funktionäre, Aktivisten und Intellektuelle mit Verbindungen zu den Machtstrukturen der Islamischen Republik im Umfeld Reza Pahlavis. Hierzu zählten unter anderem ehemalige Mitglieder der Studentenorganisation ‚Tahkim-e Vahdat‘, die in den 1990er und frühen 2000er Jahren für ihre aggressive Repression gegen Andersdenkende bekannt war. Ebenso traten Personen wie Mehdi Nassiri, vormals Chefredakteur der regimetreuen Zeitung Kayhan, öffentlich als Unterstützer Pahlavis hervor.
Parallel dazu wurde eine systematische Online-Kampagne gestartet. Recherchen von Organisationen wie Graphika und dem Stanford Internet Observatory dokumentierten den koordinierten Einsatz zehntausender Fake-Accounts, die vor allem auf Plattformen wie Twitter und Instagram monarchistische Narrative verbreiteten. Auffällig war, dass viele dieser Accounts mit IP-Adressen aus dem Iran operierten. Darüber hinaus deuten Berichte über gezielte Kontaktaufnahmen staatlicher Sicherheitskräfte mit politischen Gefangenen und Dissident: innen, denen nahegelegt wurde, sich mit Reza Pahlavi zu verständigen, auf eine mögliche strategische Unterstützung durch Teile des Regimes hin.
Diese Entwicklungen werfen die zentrale Frage auf, ob Reza Pahlavi tatsächlich als autonome Oppositionsfigur agiert oder ob er vielmehr Bestandteil eines inszenierten Plans zur kontrollierten Machtübergabe innerhalb der bestehenden Machtarchitektur ist.
Der juristische Befund ist eindeutig: Ohne demokratisch legitimierte Wahl oder eine verfassungsrechtlich verankerte Zustimmung fehlt jegliche rechtliche Grundlage für den Herrschaftsanspruch Reza Pahlavis.
Die Verfassung von 1979 sowie das politische Selbstverständnis breiter Gesellschaftsschichten schließen eine Rückkehr zu monarchischen Strukturen eindeutig aus. Ein Referendum, eine verfassungsgebende Versammlung oder ein Parlamentsbeschluss zur Reaktivierung monarchischer Herrschaft hat zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Die Vorstellung eines symbolisch „wiedergeborenen“ Monarchen ohne demokratische Legitimation widerspricht sämtlichen rechtsstaatlichen und normativen Prinzipien.
Historisch betrachtet bestand stets eine strukturelle Verbindung zwischen monarchischer Herrschaft und religiöser Autorität: Vom Qājār-Reich über die Herrschaft Reza Schahs bis hin zur Islamischen Republik war politische Macht untrennbar mit religiöser oder symbolischer Legitimation verknüpft.
Heute droht eine Neuauflage dieses Arrangements in modernisierter Form: Reza Pahlavi präsentiert sich zwar pluralistisch und säkular, doch sein Umfeld, seine Rhetorik sowie die fehlende klare Verpflichtung zu demokratischen Mechanismen werfen ernsthafte Zweifel an der Substanz seines politischen Anspruchs auf. Die Unterstützung durch ehemalige Regimeakteure, die orchestrierte Verbreitung seines Images über Online-Kanäle und das gezielte Schweigen der Repressionsorgane gegenüber monarchistischen Symbolen lassen den Schluss zu, dass es sich weniger um eine echte demokratische Alternative, sondern vielmehr um eine technokratisch inszenierte Kontinuität der Macht handelt- in neuem Gewand, jedoch mit bewährten alten Strukturen.
Insgesamt zeigt sich, dass eine Rückkehr zur Monarchie nicht nur rechtlich obsolet, sondern auch gesellschaftlich und demokratiepolitisch kontraproduktiv ist.
Die Geschichte autoritärer Herrschaftsformen- sei es monarchisch oder theokratisch- hat im Iran über Generationen hinweg zu Repression, Instabilität und Isolation geführt. Beide Systeme hatten ihre Zeit und Gelegenheit, dem Volk zu dienen- und beide sind gescheitert.
Die iranische Bevölkerung sehnt sich heute nach einem freien, demokratischen und säkularen Staat. Diese Sehnsucht erfordert weder Krieg noch Beschwichtigungspolitik, sondern eine dritte Option: einen demokratischen Wandel von innen- durch das Volk und mit dem Volk.
Dieser Weg wird seit über zwei Jahrzehnten konsequent von Frau Maryam Rajavi, der gewählten Präsidentin des Nationalen Widerstandsrats Iran (NWRI), vertreten. Ihr Zehn-Punkte-Plan für einen säkularen, pluralistischen, geschlechtergerechten und atomwaffenfreien Iran wurde der internationalen Staatengemeinschaft wiederholt unterbreitet- zuletzt im Europäischen Parlament. Doch statt dieser realistischen und zukunftsweisenden Alternativen zu unterstützen, entschieden sich insbesondere die Europäische Union und die Vereinigten Staaten für eine Politik der beschämenden Passivität- getrieben von Bequemlichkeit, politischem Opportunismus und eigennützigen wirtschaftlichen Interessen.
Diese Haltung offenbart eine eklatante Doppelmoral: Während der Westen sich öffentlich zu Menschenrechten bekennt, wird im Umgang mit dem iranischen Regime bewusst weggesehen- auf Kosten der unterdrückten Bevölkerung und zulasten regionaler wie globaler Sicherheit.
Der von Frau Rajavi vorgelegte Zehn-Punkte-Plan stellt eine substanzielle und tragfähige Handlungsoption dar, deren fortgesetzte Nichtberücksichtigung weder politisch noch völkerrechtlich vertretbar erscheint.
Ein auf demokratischen Grundprinzipien beruhender Iran ist als notwendige Voraussetzung für eine verlässliche Partnerschaft im Sinne der Förderung von Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und internationaler Sicherheit zu betrachten. Eine fortdauernde Orientierung an einer Politik der Beschwichtigung, insbesondere aus wirtschaftlichen Eigeninteressen, gefährdet nicht nur die Legitimität gegenüber der unterdrückten iranischen Zivilgesellschaft, sondern unterminiert auch die sicherheitspolitische Kohärenz und Glaubwürdigkeit westlicher Staaten im Rahmen der internationalen Gemeinschaft.
Im Interesse von Stabilität und Frieden- im Iran, im Nahen Osten und darüber hinaus- ist es jetzt an der Zeit, verantwortungsvoll zu handeln.
Reza M. Rouchi
Gesellschaft von Deutsch-Iranern